Wachstum

Von Freiheit und Gemeinsinn haben wir schon in der letzten Ausgabe des „Am Moossee“ geschrieben. Jetzt fügen wir „Fortschritt“ zu. Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt – das will die FDP.Die Liberalen.

Zuerst hinterfragen wir aber den Begriff Wachstum.

Er ist in aller Munde. Wir brauchen Wachstum. Namentlich die Wirtschaft soll immer wachsen. Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wohin wir denn noch wachsen wollen?

 

Wachstum?

Was ist damit gemeint? Bedeutet Wachstum der Wirtschaft immer mehr Umsatz und immer mehr Gewinn? Immer mehr Mitarbeitende, stetig steigende Löhne – und auch immer höhere Preise?

Bedeutet Wachstum des Staates immer höhere Ertragsüberschüsse, immer mehr Regeln, immer mehr Ausnahmen zu den Regeln, immer mehr Kontrollen, immer mehr Staatsangestellte, immer mehr Subventionen und deshalb immer höhere Steuern?

Das ist kein Wachstum, sondern eher Inflation. Man könnte auch sagen Seifenblasen, die zuerst in allen Regenbogenfarben schillern, schon bald aber platzen.

Also, brauchen wir dann kein Wachstum? Lassen wir alles hübsch beim Alten? Klingt nicht gut und geht auch nicht.

 

Wachstum – wohin?

Die Frage nach dem Ziel muss immer zuerst gestellt werden. Was wollen wir erreichen? Eine wichtige Frage, die nie ganz abschliessend beantwortet werden kann und gerade deshalb laufend gestellt werden muss. Weder ein Mensch noch ein Unternehmen kann einen einzigen Lebensplan aufstellen und ihn dann ausführen. (Das wäre auch fürchterlich langweilig.)

Was wollen Sie – sagen wir im Laufe des nächsten Jahres – erreichen? Mehr Arbeit, höheren Lohn, interessantere Arbeit, eine Ausbildung, oder aber besser geregelte Arbeitszeit, kürzer treten, oder noch etwas ganz anderes? Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und sagen: Wenn Sie Ihre Ziele verwirklichen können, und wäre es nur teilweise, dann verzeichnen Sie - ja, was denn? Mehr Lohn mag Wachstum sein; wenn Ihr Wunsch „kürzer treten“ lautet, erzielen Sie ... Fortschritt.

 

Wachstum – warum?

In Privatbetrieben und Ämtern gilt genau dasselbe. Die Frage nach dem Ziel muss zuerst gestellt werden. Sagen wir, ein Unternehmen setzt sich zum Ziel den Gewinn im nächsten Jahr zu erhöhen.

Ach ja, und hier müssen wir einen ganz kleinen Abstecher machen: Der Gewinn eines Unternehmens wird in erster Linie für die Abdeckung des Betriebsrisikos und für Investitionen verwendet. (Diese Bemerkung geht an die Adresse all jener, die immer noch überzeugt sind, Gewinne würden ausschliesslich in den Privattaschen der ohnehin Reichsten landen.)

Zurück zu unserem Unternehmen, das sich als Ziel steckt im nächsten Geschäftsjahr den Gewinn zu erhöhen. Nehmen wir an, das gelingt, und nehmen wir ebenfalls an, durch die Gewinnsteigerung könne der Betrieb in die Jahre gekommene Maschinen ersetzen, Zeit und Geld in die Entwicklung eines neuen Produkts stecken und weitere Massnahmen ergreifen, die ihn in den nächsten Jahren konkurrenzfähig hält. Die Anzahl der Mitarbeitenden bleibt sich gleich – hier also kein Wachstum – aber ohne diese Schritte läuft das Unternehmen Gefahr: Sei es, weil die alten Maschinen auf Dauer den geltenden Sicherheitsvorschriften nicht mehr entsprechen oder sei es weil sich die Bedürfnisse der Kundschaft geändert haben, oder sei es auch, weil das Unternehmen keine anständigen Löhne mehr zahlen kann.

Dieser Betrieb ist vielleicht nicht in dem Sinn gewachsen, dass er nun mehr Angestellte oder viel mehr Kunden hat. Er hat aber Fortschritte (möglich) gemacht.

 

Wachstum – wieviel?

Die Frage nach dem wieviel kann ebenfalls nur über die verantwortungsbewusste Zielsetzung beantwortet werden. Als Illustration mag hier eine unverantwortliche Zielsetzung dienen: Ein Unternehmen gibt bekannt, in den nächsten fünfzehn Jahren den Gewinn und den Umsatz jedes Jahr um 20 % steigern zu wollen. Eine solche Zielsetzung kann Kopfschütteln, unter Umständen Verzweiflung oder aber Heiterkeit hervorrufen; realistisch ist sie nicht.